Kolbenmaterial


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Geschrieben von RT-andreas am 25. Dezember 2005 11:13:35:

Als Antwort auf: Re: Alu Kolben im Glühkopf? geschrieben von Sepp aus Bayern am 24. Dezember 2005 23:14:43:

Hallo Sepp und Co,

Das Kolbenmaterial ist von einigen Dingen abhängig, eines davon war/ist der Preis. Früher war Alu teurer als Gold, Napoleon III hat von Alugeschirr gegessen weil es so kostbar war damals.
Technisch betrachtet gibt es für Alu den Vorteil, dass es leichter ist, das ist eigentlich der einzige Hauptvorteil der für Motoren wirklich zählt. Dass Alu billiger gegossen bzw geschmiedet werden kann als Stahl ist eher wieder wirtschaftlicher Natur. Nachteil von Alu ist erstens die viel geringere Temperaturfestigkeit und zweitens die höhere Wärmeausdehnung. Dazu kommt noch eine geringere Festigkeit (die teilweise durch das geringere Gewicht /Massenträgheit/ wieder ausgeglichen wird). Alles was über 200°C geht am Kolben ist auch bei heutigen AlSi Legierungen schon kritisch was die Temperaturfestigkeit angeht. Daher muß man Alukolben "panzern" gegen Temperatureinfklüsse, sie werden oben daher hartanodisiert also eloxiert und mit hartem wenig temperaturleitenden und bis ca 1600°C festem Aluminiumoxid überzogen. Diese Schicht kann aber trotzdem bei hochbelasteten Kolben wegschmelzen, abbröseln und dann ist der Kolöben schnell weg. Zusätzlich habe alle höher belasteten Kolben Anspritzkühlung durch Motoröl von der Kurbelwellenseite her, manche sogar mit Kühlkanölen im Kolbenringbereich (Die Ringe würden sonst im heißen Weichen Alu nicht lange optimal sitzen).
Für LKW, Schiffsdiesel... also fast alle Motoren die wirklich unter Last Dauerlauf ausüben müssen nimmt man daher auch heute noch oft bis immer (je nach Motortyp) Stahlkolben, zumindest eine Stahlkappe und dann ein Alu-Führungsteil=Kolbenschaft. Eine zusätzliche Kühlung ist auch hier fast immer verbaut.
Für PKW-motoren hat sich Alu eingebürgert da billiger herzustellen, die Motoren eigentlich nie unter Dauernennlast laufen (wären die sooo gut wie die Werbung sagt würden die auch nin LKW eingebaut! da Gewichtsvorteil bei gleicher Leistung mehr Zuladung bedeutet. Nur LKW-Hersteller verbauen immernoch richtige Dieselmotoren mit Hubraum und keine PKW-TDI-Feuerwerksraketen mit Zahnriementrieb) und heutige Leichtmetallmotorblöcke auch in der Wärmeausdehnung in etwa gleich sind so dass kleine Kaltlaufspiel möglich sind wie bei Stahl/Stahl. Dabei ist es erstmal egal was für ein Motor (Diesel, Benziner), je höher die Drehzahl um so günstiger das leichtere Alu.
Neuere Vers~uche gehen in Richtung Kohlenstoffkolben (kann man schon auf maß fertigen lassen) die sind noch leichter und "selbstschmieren" benötigen weniger Öl und ! sind temperaturfest auch weit über 200°C. Auch Kolben aus Keramik wie Siliziumnitrid (SiN) werden getestet, vor allem gut für Freizeit-schiffe, Notstromaggregate, die oft kaputtgestanden werden da sie, kaum im Einsatz, innerlich verrosten. Keramik ist gegen Rost unempfindlich, auch Biogas mit H2S also Schwefelsäure im Abgas macht den Kolben und Laufbuchsen aus Keramik nix aus.
Gruß
Andreas




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