
12 sichere Regeln für Oldi Fans, die das Ziel ihrer Träume bei e.Bay, in Opas Nachlass, einer alten Scheune oder zwischen Diesteln und Brennesseln rostig-ölig hervorblinzelnd entdeckt haben. Leider wird danach so viel falsch gemacht und die oft komplizierte Technik aus Unwissenheit weiter ruiniert. Wer das emsige Frage= und Antwort-Forum des Lanz-Bulldog Vereins West öfter und aufmerksam besucht, wird bestätigen können, wie viele Fragen und Antworten auf einen großen Mangel an dem grundlegendsten Wissen schließen lassen. Deshalb habe ich in deutlich überzogenem Zynismus ein paar Regeln zusammengestellt, wie sie den unter Stroh oder Gerümpel entdeckten, durch Frost, Feuchtigkeit und Alter gebeutelten Veteranen auf möglichst schnelle Art um die Ecke bringen können.
Lieber Freund, Du ahnst ja nicht, welch abenteuerliche Vorstellungen über alte Landtechnik kursieren.
Endlich hast Du den schon so lange erträumten Scheunenfund entdeckt oder als Dornröschen unter Dornen und Brennnesseln ausgegraben. Dich überkommt ein unglaubliches Glücksgefühl bei dem ersten Anblick, wie es wohl der junge Königssohn bei der schlafenden Prinzessin gehabt haben muss. Wenn Dich danach leichte Zweifel befallen sollten, ob der Vergleich mit dem Märchen nicht recht passend sei, lass Dich nicht entmutigen. Schließlich hat auch der Königssohn nicht alle Folgen seiner Entdeckung sofort übersehen können. Du darfst Dich also unerschrocken und mutig daran machen, Deinen Fund in Besitz zu nehmen. Natürlich willst Du wissen, ob er noch läuft. Das ist Dein gutes Recht. Man hat ja schon so viele Geschichten von alten Treckern gehört und gelesen, die nach unendlicher Zeit und in schrecklichem Zustand nur beim Anblick der Heizlampe schon das Laufen kriegten. So wenig der Königssohn sich hat beim Küssen stören lassen, so wenig wirst Du Dich davon abbringen lassen, diesem Rosthaufen wieder Leben einzuhauchen, verdammi noch mal! Sogar Korl hat es geschafft, obwohl seiner angeblich nur noch Rost gewesen sein soll. Und dabei ist der Korl doch immer so tüffelig. Dann schaffst Du das auch, wär ja gelacht. So, und nun geb ich Dir noch ein paar Ratschläge mit auf den Weg, die leichter zu befolgen sind als alles Geschmiere von diesen überstudierten Neunmalklugen. Die tun ja grade so pütscherich, als gehörte ihnen Dein gutes Stück.
1. Als Scheunenfunde entdeckte oder irgendwo im Freien ausgegrabene Oldtimertraktoren grundsätzlich erst einmal prüfen, ob sie überhaupt noch laufen können. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, dass das Schmieröl in der oft Jahre langen Standzeit von den Gleitflächen der Motorteile verschwunden ist und im Ölsumpf durch Kondenswasser seine Schmierfähigkeit verloren hat. Also Batterie oder Schleppstange ran und los......!!!
2. Trockene Reibung ist ein Ausdruck aus dem Lexikon, keineswegs ein Begriff für Oldtimerfreunde. Es ist ein böswilliges Gerücht, dass wie bei Regel 1 behandelte Maschinen oft erst nach dem Auffinden kaputt gemacht werden. Der einzige Grund für teure Schäden an Oldtimern ist einzig das Alter, das sie auf dem Buckel haben und evtl. schlechte Behandlung durch den Vorbesitzer.
3. Sollte der Motor aber gegen alle Erwartung doch anspringen, unbedingt mit Vollgas weiter machen. Er könnte ja ausgehen und ein zweiter Startversuch mislingen.
4. Was jetzt in der Maschine vor sich geht, ist keineswegs Sache des Oldtimer-Freundes. Ihn hat ausschließlich das Erscheinungsbild des Oldis zu interessieren, Typ-Nummer, Seltenheitswert und Klangfarbe.
5. Darum ist es völlig ohne Bedeutung, ob sich im Laufe der Jahre im Tank Kondenswasser gesammelt und möglicherweise bereits die Einspritzpumpe erreicht hat. Sollte sich die Einspritzpumpe auf diese Weise durch Rost tatsächlich festgesetzt haben, wird sie sich beim Starten schon besinnen, garantiert... Übrigens, was soll dieses dumme Gerede von der Einspritzpumpe. Mein Auto fährt ja auch, obwohl ich da noch nie was von einer Einspritzpumpe gehört hab.
6. Das Wissen über technische Abläufe im Motor oder physikalische Bedingungen sind völlig überflüssig. Wichtig ist allein, dass der Oldtimer-Freund sich zu Hause so weit durchzusetzen vermag, dass die Anschaffung des guten Stücks nicht ständig von alberner Meckerei begleitet wird.
7. Überhaupt sind angebliche Freunde, die mit scheinheiligem Sachverstand vor übereilter und schlecht vorbereiteter Inbetriebnahme des Motors warnen, eigentlich nur Angeber. Sie wollen weiter nichts erreichen als unberechtigte Aufmerksamkeit.
8. Beim Durchblättern alter Betriebsanleitungen und Werkstatthandbüchern muss man staunen, mit welch völlig überflüssigem Wissen früher einfache Traktoristen belämmert worden sind, das besser bei der Ausbildung von Landmaschinen-Schlossern angebracht wäre. Im Vergleich zu den heutigen knappen Betriebsanleitungen für wesentlich anspruchsvollere Technik erkennt man die Rückständigkeit der damaligen Denkweise. Es reicht doch völlig aus, wenn der Oldi-Fan mit Gas und Bremse umgehen kann und immer etwas Geld für ein Bier bei sich hat.
9. Überhaupt ist das Auftreten vor Publikum oder Kollegen wichtig. Da ist es wirklich besser, sich um die Maschine keine Sorgen zu machen. Das könnte einen verunsichern. Und das sieht dann schlecht aus.
10. Ist der Oldtimer dann mit Einsatz von viel oder wenig Geld, mit viel oder wenig Sorgfalt, mit mehr Glück als Verstand durch den TÜV, geht’s ab auf die Straße, wo sich alle Autofahrer darauf freuen, den nun wieder erweckten Verkehrsteilnehmer begrüßen zu dürfen. Manche tun das mit echter Freude, weil das alte Stück sie an ihre vergangene Jugend erinnert. Andere gehören vielleicht auch zu den bevorzugten Menschen, die sich ein solches Hobby leisten, und zeigen durch freundliches Winken ihre Verbundenheit. Es gibt aber auch Begegnungen mit dem Stinkefinger. Das ist absolut ungehörig und gehört bestraft; denn es zeigt die Unerzogenheit und Disziplinlosigkeit von Autofahrern, die zu spät von zu Hause los fahren und sich nur deswegen von so langsamen Fahrzeugen behindert fühlen.
11. Wenn mehrere Trecker gemeinsam irgendwo hin fahren, ist das Fahren in dicht aufgeschlossenen Kolonnen besonders attraktiv und wirkungsvoll. Dabei staut sich dann hinter den Treckern oft eine ansehnliche Schlange von Autos, die angeblich nicht überholen können. Wenn der eine oder andere Autofahrer endlich ans Überholen geht und dabei hupt, so geschieht das natürlich aus reiner Freude, so viele Oldtimer auf einem Haufen oder besser gesagt in einer unüberholbaren Schlange zu sehen. Denn es ist einfach nicht vorstellbar, dass es anders sein könnte.
12. Elektrik ist bei Oldtimern leider ein Buch mit sieben Siegeln, das man am Besten nicht aufschlägt. Es genügt völlig, wenn der TÜV die Funktion der Lampen und der Hupe kontrolliert. Sollte mal unterwegs was ausfallen, muss man sich eben irgendwie behelfen. Dafür sind Oldtimer-Freunde eben auch etwas gewitzter als andere Menschen. Beim Abbiegen hat man früher auch mit einem oder sogar beiden Armen gewunken, und Autofahrer blinken schließlich auch nicht immer, wenn sie müssten. Dass Trecker wegen ihrer Langsamkeit für andere Verkehrsteilnehmer besonders bei Dunkelheit gefährlich werden können, kann nur an der Unaufmerksamkeit der Autofahrer liegen, die lieber telefonieren und Radio hören als aufzupassen. Selbstverständlich gibt es die Möglichkeit, sein Fahrzeug durch den Einsatz von 10 W Rücklichtbirnen statt der alten 4 W Originale besser erkennbar zu machen. Aber wer kann einen schon dazu zwingen?
Oskar
