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Gashebelstellung beim Start

Alles über Lanz-Bulldog, Halb- und Volldiesel. Beiträge ab 2010.

Gashebelstellung beim Start

Beitragvon Socke » 11.12.2022, 21:22

Moin,
ich habe seit vielen Jahren einen D2806 Halbdiesel, der ein spezielles Phänomen aufweist:
Entgegen der BA kann ich beim Vorpumpen oder Starten kein Vollgas geben, im Gegenteil, nicht mal ganz Halbgas, eher noch viel weniger.
Das Verrückte ist: wenn ich so Richtung Halbgas gehe, nimmt die eingespritzte Kraftstoffmenge stark ab, ab ca. Halbgas wird garnichts mehr eingespritzt. Man merkt das schon beim Vorpumpen, ab Halbgas ist essig.
Wenn der Motor erst läuft, verhält er sich ganz normal, der Motor läuft total ruhig und gleichmäßig, hat gute Leistung, der Regler funktioniert einwandfrei.
Ich habe das in der Verganegnheit schon viele Leute gefragt, einer war sogar darunter, der kannte das Phänomen, konnte sich aber leider nicht mehr an die Lösung erinnern...

Deshalb meine Frage an Euch: Hat wer eine Idee?

Danke!
Volker
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Re: Gashebelstellung beim Start

Beitragvon papafox » 12.12.2022, 08:52

Hallo Volker,
das ist bei meinem D1616 genau so. Stört mich aber weiter nicht, weil die Einspritzung beim Vorpumpen
auf Halb- bis Dreiviertelgas regelgerecht erfolgt, der Motor problemlos anspringt und keinerlei Anomalien beim Betrieb aufweist.
Es wäre aber trotzdem interessant zun wissen wo diese Abweichung herkommt, bzw. was bei fortschreitendem Betrieb
daraus entstehen kann.

Gruß
PapaFox
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Re: Gashebelstellung beim Start

Beitragvon dampf81 » 12.12.2022, 19:52

Schau mal, hier wurde das Thema schonmal diskutiert:
https://www.lanzbulldog.de/forum/viewtopic.php?f=26&t=4753
dampf81
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Re: Gashebelstellung beim Start

Beitragvon bulli1706 » 29.12.2024, 22:38

Moin Volker

Für einen Glühkopf-Profi wie Dich hab ich hier noch ein paar Besonderheiten zu Deinem Halbdiesel-Bulldog. Vielleicht ist was gegen Dein Problem dabei. Ich wünsch es Dir sehr.
Lanz schrieb für die Halb= und Volldiesel-Bulldogs einen Abspritzdruck von 120 atü vor und zum Anlassen die Gashebelstellung Vollgas. Beides sind wichtige Konstruktionsmerkmale und Voraussetzung für zuverlässiges Anlassen des startfreudigen Halb= und Volldiesel-Motors. Dabei wird der Pumpenkolben auf Startstellung gedreht mit der nur zum Starten vorgesehenen höchsten Einspritzmenge je Pumpenhub. Beim Vorpumpen entstehen so in der Druckleitung 120 bar mit einem entsprechend sehr kräftigen Widerstand am Pumphebel, der nur mit Schwung und Kraft ruckartig und mit lautem Quietschen der Düse überwunden werden kann. Das ist ein sicheres Maß für den Zustand der Dieselanlage und wichtig für einen sicheren Start. Zu geringer Vorpundruck kann nur schlecht durch vermehrte Vorpumphübe ausgeglichen werden. So entstehen Start= und Anlasserprobleme mit weiteren Folgen.

Durch Verschleiß oder Schäden an der Dieselpumpe und an der Düse kann es zu Vorpumpschwäche kommen. Auch das Druckventil der Dieselpumpe kann Ursache für schwachen Vorpumpdruck sein. Zum Entlüften der Dieselanlage reicht manchmal nicht, die Druckleitung an der Düse zu lösen. wenn Luft in der Pumpe nur durch Lösen des Druckventils zu entfernen ist. Wenn bei diesen Arbeiten das Druckventil aus Unkenntnis abgeschraubt wurde, konnte die Druckfeder leicht herausgefallen und verloren gegangen sein. Ein Ersatz ist problematisch, weil das Druckventil in Ruhe absolut dicht halten und sich leicht öffnen muss. Auch das Tauchkölbchen kann Schaden genommen haben. Es muss leicht öffnen und zuverlässig schließen können. Deshalb sollten die Pumpe immer komplett mit dem Druckventil und mit der Düse zum Bosch-Dienst, um den Abspritzdruck von 120 bar kontrollieren und einstellen zu lassen. Dabei muss die Pumpenleistung immer um einige bar höher sein. Bei der Prüfung darf die Düse nicht nachtropfen.

Wenn der Vorpumpdruck bis Vollgas ansteigt aber zu niedrig bleibt kann auch der Lastbegrenzer durch Ölmangel im Reglergehäuse oder nach sehr langer Standzeit festgegammelt sein. Denn er muss in Ruhe bei Vollgasstellung nachgeben und eine Verdrehung des Pumpenkolbens in die Startstellung ermöglichen, also leichtgängig und immer gut geschmiert sein. Dann muss er herausgeschraubt, darf aber nicht verstellt werden. Denn die Einstellung wurde im Werk ermittelt und mit Plombe gesichert. Bei laufendem Motor soll er eine Überlastung des Motors verhindern.
Verschleiß am Gestänge der Vorpumpeinrichtung kann auch verhindern, dass nicht die ganze Dieselmenge eingespritzt wird. Deshalb ist es nachstellbar, darf aber im Betrieb den Rollenstößel zuverlässig nicht vom Einspritznocken abheben.

Zum Anlassen wird der Pumpenkolben so weit verdreht, dass eine Ausfräsung an der Kolbenoberkante, die so genannte "Startnut", eine Spätzündung und damit ein leichteres Anspringen ermöglicht. Ein Anspringen in der richtigen Drehrichtung wird durch die Form des Pumpennockens auf der Kurbelwelle ermöglicht. In der falschen Drehrichtung verursacht sie Frühzündung und Startunlust.

Wenn der Vorpumpdruck bei Vollgasstellung gering aber bei ca. 2/3 Gas besser ist und der Motor nach dem Anspringen normal läuft, sieht es nach einem falschen Pumpenelement aus. Das Pumpenelement kann bei Verschleiß gewechselt werden und ist im Laufe der Entwicklung mehrmals wie auf dem Bild zu sehen geändert worden. Ein Element mit 2 Zulaufbohrungen und Startnute zeigt bei Vollgasstellung kaum Widerstand am Vorpumphebel, weil die 2.Zulaufbohrung in dieser Stellung in den Bereich der Nullförderung gerät. Das Element mit Startnut darf also nur 1 Zulaufbohrung haben. Es gibt Einspritzpumpen mit 1 und 2 Zulaufbohrungen und Pumpenkolben mit und ohne Startnut.
Alle Varianten von passenden Pumpenelementen haben entwicklungstechnische Ursachen. Da Kolben und Zylinder eines Elements immer zusammen geliefert werden, scheint sich eine falsche Kombination auszuschließen aber unter merkwürdigen Umständen doch möglich. Deshalb ist auch hier Vertrauen gut aber Kontrolle besser.

Zum besseren Verständnis hier die Entwicklungsgeschichte:
Die ersten Halbdiesel waren mit Pumpen mit nur 1 Zulaufbohrung und ohne Startnut ausgerüstet. Nach einer Reparatur mit irrtümlich um 180°verdrehtem Pumpenkolben konnte der Bulldog nach dem Starten nicht mehr runterregeln. Deshalb bekamen die Pumpen zur Sicherheit eine 2.Zulaufbohrung. Bei der Vorstellung der Volldiesel-Bulldogs hatten die Einspritzpumpen eine Startnut an der oberen Kolbenkante kurz hinter dem Bereich der Steuerkante und wieder nur 1 Zulaufbohrung. Diese Nut soll nur im Stand und bei Hebelstellung Vollgas durch die Überwindung des Lastbegrenzers erreicht werden und hat die Aufgabe, die Höchstmenge Diesel bei Spätzündung einzuspritzen. Die Startnut spritzt also nicht mehr Diesel ein sondern nur verspätet, um den Start wie bei PKWs und Rasenmähern zu erleichtern.

Ein gutes Vorzeichen für einen sicheren Start ist ein sofortiger (also nicht erst nach mehrerern Pumphüben) und kräftiger Widerstand beim Vorpumpen mit schlagartiger Entspannung bei lautem Quietschen der Einspritzdüse. Diese kann andernfalls auch Schuld haben und sollte in so einem Fall beim Bosch-Dienst auf 120 atü geprüft und notfalls neu eingestellt werden. Dabei darf sie nicht tropfen. Arbeiten an der Pumpe dürfen nie trocken sondern nur im Dieselbad vorgenommen werden. Beim Zusammenbau auf die Fluchtmarkierungen achten. Sie müssen unbedingt fluchten. Andernfalls kommt es zu Verschiebungen zwischen Regelhülse und =stange und kann die richtige Kolbenstellung beim Starten nicht erreicht werden. Auch eine falsch zusammengebaute Pumpe mit schlecht fluchtenden Markierungen kann die Ursache für mangelnden Vorpumpdruck und Startschwierigkeit sein. In so einem Fall wird der Startvorgang durch mangelhaft vernebeltes und zu häufiges Vorpumpen und darum zu fettes Verbrennungsgemisch erschwert. Profis pumpen beim Start nicht wahllos vor sondern haben spitz, mit wie wenig Vorpumphüben ihr Bulldog die besten Starteigenschaften entwickelt, und zählen mit.

Schönen Gruß von Oskar
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