Motoröl ganz allgemeine Grundlagen - etwas lang


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Geschrieben von gp_andreas am 02. September 2004 09:51:12:

Hallo,
nachdem es unten ja "wie geschmiert" lief ums Thema öl habe ich einen älteren Beitrag für ein anderes Forum aus der Festplatte herausges*cht. Thema allgemeine Unterschiede Eigenschaften von Motorölen (4takt).
Ist etwas längerer Text, da aus mehreren Antworten damals zusammengesetzt.
Möglicherweise interessiert sich ja jemand trotzdem für die Fakten.

Übrigens ne blöde Automatik hier mit der Wortsperre, wenn ich was Bi*ten will oder s*che kann ich das einfacher umschreiben als ganz normale Texte daraufhin zu "reinigen" und zu kastrieren.
Gruß
Andreas

Die Sache ist recht einfach: Auch ein sehr gutes vollsynthetisches Motoröl kostet in der Herstellung nicht viel mehr als 3.- pro Liter. Der Rest zum Verkaufspreis ist die Rendite aus Werbung und Nachfrage. Das siehst man z.B. daran, daß ein und dasselbe vollsynth Öl unter verschiedenen Namen (und in goldenen, silbernen... Behältern) zu unterschiedlichen Preisen verkauft wird (z.B. 5 W50 von Pentosin, Globus, früher auch Wertkauf...)
Unterschied zwischen den Ölen:
Mineralöl ist ein Gemisch aus unterschiedlich langen Kohlenwasserstoffen. Die Kurzen machen das Öl flüssig wie Verdünnung im Lack, die Langen sorgen wie das Kunstharz im Lack für nicht zu flüssiges Öl bei hohen Temperaturen. Die Grundöle werden auf tiefe Temperaturen abgekühlt und die dann ausgefallenen (ausgefrorenen) ganz langen Kettenmoleküle abgefiltert. Bis zu dieser Temperatur bleibt dann das Restöl immer flüssig. Das ist wichtig für den Winterbetrieb. Dafür steht dann die erste Zahl der Ölbereichsangabe z.B. bei 20 W 50 die 20. Das ist die Viskosität bei ca. -18 °C. Die zweite Zahl steht für die Viskosität bei 98 °C (Kommt aus den USA die Einteilung deshalb die krummen Werte). Die Zahlen bezeichnen ein Mehrbereichsöl mit den Eigenschaften eines 20er Öls bei -18 und eines 50er Öls bei+98 °C. Dazwischen ist der Übergang fließend. Um nun ein solches Öl aus Mineralöl herstellen zu können, ist das Problem zu lösen daß ein Öl bei +98 zuviele lange Ketten braucht und deshalb bei -18 schon fest würde. Lösung : Man setzt Additive zu, die wie Wollknäul im kalten Öl aufgewickelt sind und sich im warmen Öl allmählich aufdrehen und zu "Wollfäden " werden. Damit gibt es dann im kalten Öl nur kleine flüssige Moleküle und im heißen Öl die langen Ketten die das Öl eindicken und überhaupt erst brauchbar machen. Früher gab es diese Additive nicht/ nicht so gute, deshalb wurde dann Einbereichsöl 40er 50er im Sommer verwendet (Käferzeit läßt grüßen).
Nachteil dieses Verfahrens, die Wollknäulmoleküle werden durch die Reibung im Motor zerschlissen und immer kleiner. Folge: die Viskosität bei +98 nimmt ab. Im Extremfall fällt auch der Öldruck dann in den Keller. Nachteil 2, das dünnflüssige Grundöl das für -18 zuständig ist, ist naturgemäß auch besser flüchtig, d.h. es verdampfen bei höherer Öltemperatur die kürzesten Moleküle und das Restöl wird für -18 dicker. Übertrieben gesagt wird aus einem 15 W 50 dann ein 20 W 40 Öl. Der Ölverbrauch steigt durch die verdampfenden Mengen natürlich auch (geht über die Kurbelgehäuseentlüftung wieder in den Ansaugtrakt und lagert sich auch an den Einlassventilen teilweise als Ölteer ab).
Das alles geschieht aber nur bei extremen Belastungen, im Normalbetrieb ist auch ein mineralisches Öl heutzutage Spitze und noch dazu preiswert. Moderne Öle haben auch einen für 4taktmotoren günstigen höheren Flammpunkt der enstehenden Öldämpfe, damit reagieren sie auch langsamer mit Sauerstoff im Motor selbst an heißen Teilen bevor sie abgesaugt werden. Allerdings können auch Einbereichsöle von früher hohe Flammpunkte besitzen, vor allem die für Sommerbetrieb üblichen.
Besser für Rennzwecke oder extremen Einsatz (dauernde kurze Kaltstarts im Lieferverkehr oder Anhängerbetrieb in den Alpen bei 30 °C) ist ein vollsynthetisches Öl.
Hier werden die obigen Nachteile umgangen indem man nicht ein "wildes Gemisch von Molekülen als Öl einsetzt, sondern einzelnen Ölfraktionen mit definierter Kettenlänge mischt. Die Moleküle werden synthetisch hergestellt, sagt ja schon der Name, und je nach Einsatzbereich gemischt. Bei einem 5 W 50 Öl habe ich beispielsweise zwei unterschiedliche "Grundöle" im Gaschromatographen gefunden. Das gleiche Öl nach 15000 km wies dieselben Kurven auf wie das Frischöl. Daraus kann man sehen, das synt. Ökl wird nicht zerrieben oder verdampft, es behält seine Struktur bei. Viskositätsverbesserer wie oben sind deshalb nicht oder kaum noch erforderlich. Derselbe Test mit Mineralöl zeigte deutlich eine Verschiebung. Die kurzen Ketten waren nach 10000 km teilweise verdampft, die Langen kürzer gerieben. Bei beiden Ölen konnte man auch noch Schlonz sehen. Einmal ganz kurze Ketten = Benzin vom Kaltstart und gaaanz lange Ketten = beginnende Teerbildung (das gibt dann den schönen Teerschlamm oder auch Öllack im Motor wenn man nicht rechtzeitig das Öl wechselt bevor die "Spüliadditive" aufgebraucht sind.
Fazit: für Ottonormalautofahrer mit Hinz und Kunz (Auto)motor tut es auch ein billiges Mineralöl, wenn man die Wechselintervalle einhält und nicht häufig mit kaltem oder extrem heißem Motor unterwegs ist. Autos die eh viel Öl "verbrauchen" können ebenfalls mit Billigöl versorgt werden, da ja immer Frischöl nachgefüllt wird und so die Füllung insgesamt länger recht neuwertig bleibt.
Apropo Nachfüllen, Selbstverständlich sind alle "öligen" Motoröle (außer Exoten wie Arktiköl = Polyglycol..) also Mineralische- und SyntÖle untereinander mischbar. Müssne sie auch sein, sonst wäre eine Motorspülung bei jedem Ölwechsel mit einem anderen Öl erforderlich da immer Restmengen alten Öles im Motor verbleiben. Da aber ja z.B. mineralische Öle leichter verdampfen als Syntöle ist das Mischungsöl nur so gut wie das "schlechteste" Öl der Mischung. Also Mineralisch zu Synt-Rennöl oder "Longlife" bedeutet weniger Temperaturstabilität bzw kürzere Wechselintervalle (Grund z.B. im mineralischen sind nicht soviele Additive wie im Longlife drin, es soll ja auch häufiger gewechselt werden wenns "pur" gefahren wird).
Für die sogenannten sportlichen Fahrer oder den Einsatz in Kurzstrecke, viel Vollastzeiten und extrem lange Ölwechselintervalle (Achtung beim Diesel, hier könnte das Öl durch den Ruß u.U. zusätzlich eingedickt werden) ist vollsynt. Öl die bessere Wahl.
Mit einem Ölfeinstfilter (z.B. von Trabold) kann man auch mit Mineralöl fahren. Der Ölwechsel entfällt dann ganz, es wird nur noch verbrauchtes Öl nachgefüllt und alle paar zigtausend km der Filtereinsatz gewechselt. Das nutzen viele LKW und Taxiunternehmen, denn Ölwechselzeit ist tote Zeit in der kein Geld verdient wird.
Das Ganze kann man auch noch wissenschaftlicher ausdrücken, aber ich glaube so ist die Ölmaterie auch für Nichtchemiker einigermaßen verständlich gebleiben.

Zum Preis:
Es ist da etwa so wie beim Benzin. Nicht jeder Hersteller kocht sein eigenes Süppchen. Das wäre zu teuer. Die Grundöle sind wohl gleich, nur das Additivpaket ist unterschiedlich. Größere Unterschiede bei gleicher Spezifikation API S / C Klasse gibt es dann nicht. Übrigens steht das S für Benzinmotoren und der Buchstabe danach gibt die Güte an, je höher desto besser. also SF besser als SE aber schlechter besser ältere Formulierung als SG oder gar SJ. Für Dieselmotoren steht vorne statt S ein C, für den zweiten Buchstaben sinngemäß wie oben.

Ein 0 W 40 oder 5 W50 ist bei Kälte natürlich dünnflüssiger als ein 15W Öl. Nur ist auch ein 0W40 Öl immernoch um einiges dickflüssiger als ein 15W oder 20W Öl bei Betriebstemperatur des Motoröls von 80 bis 100 °C, denn da zählt die Zahl hinter dem W. So gesehen machen 0 oder 5W einem älteren Motormodell nix aus, das Öl ist immernoch dick genug, kommt nur schneller an alle Schmierstellen ran. Ein minimal höherer Verbrauch an Öl beim Kaltstart aufgrund der größeren Kolbenspiele bei älteren Motoren kann auftreten, ist aber normal und nicht schädlich. Auch die Nockenwellen sind nicht gefährdet, da ja das 0er Öl beim Start immernoch dicker als ein betriebswarmes 40er ist. Außerdem bildet sich im Betrieb ein Schmierkeil unter dem durchdrehenden Nocken wie in einem Gleitlager, das passiert mit "dünnem" 0er sogar schneller als mit dickerem Öl. Nur wenn dieser Schmierkeil gestört ist gibts Fresser und Ausbrüche an den Nocken.
Da das 0W40 bei zunehmender Temperatur immernoch einem 40er Öl entspricht, macht dieses Kaltstartöl auch bei höheren Motortemperaturen dem Motor nix aus, die Viskosität entspricht dann ja einem 15 W "40". So gesehen startet man einfacher, mit weniger Belastung für Batterie und Starter, bei entschieden geringerem Motorverschleiß aufgrund besserer und schnellerer Schmierung.
Auch heute noch darf man bis zu1 l auf 1000km Ölverbrauch haben, bis dahin ist es auch kein!! Reklamationsgrund. Manche Automodelle gehen neu hier schon hart an die Grenze und viele ältere Motoren brauchen auch mit dünnstem Synthetiköl deutlich weniger.

P.S. Für Arktikeinsätze reicht ein Synt. Öl auch nicht aus. Das Wasser aus den Blow By Gasen ,= das Verbrennungsgas das am Kolben vorbei ins Kurbelgehäuse strömt, gefriert dann darin. Da sich Wasser respektive Eis nicht in Öl löst verstopft der "Schnee" dann das Ansaugsieb der Ölpumpe oder den Ölfilter und der Motor ist hin. Hier werden Esteröle oder Polyethylenglycole eingesetzt, die Wasser aufnehmen können. Ähnlich dem Glysantin oder Scheibenwaschwasserzusatz kann dann kein Wasser mehr gefrieren sondern wird im Öl gelöst und der Motor läuft und läuft. Ist der Motor dann warm, dampft das gebundene Wasser aus und wird per Kurbelgehäuseentlüftung entfernt.

Eine gute Seite für Ölfragen und mit einem Test für Viskosität ist die von Aral:
http://www.schmierstoff-basics.de/forschung/schmierstoffe/allgemeines/viskose
Auch Castrol : www.castrol.de zeigt einiges zum Thema Öl





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