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...der ohne Zylinderkopf ist auch ein verbuddeltes Exemplar gewesen. Da gab bzw. gibt es einen älteren Zeitungsbericht...(Quelle : Gothaer Tagespost)
Eichsfelder Traktoren-Archäologen verzeichnen einzigartigen Erfolg
18.03.2011 - 12:00 Uhr
Der Rengelröder Stephan Senge hat seit zehn Jahren ein Hobby, dem er leidenschaftlich frönt. Der 46-jährige Instandhaltungsmechaniker restauriert leidenschaftlich gern alte Traktoren, inzwischen zusammen mit seinem 22-jährigen Sohn Mario, Zerspanungsmechaniker. Stolz präsentieren sie jetzt den fünften auf ihrem Hof wieder flott gemachten Schlepper.
Ihren auferstandenen Bulldog Lanz (Baujahr 1937) präsentieren Stephan Senge (l.), Uwe Meier, der die Ausgrabungsstätte vermittelt hatte, und Mario Senge (am Lenkrad). Der Schlepper soll als Technikdenkmal präsentiert werden. Foto: Jürgen Backhaus
Rengelrode/Bernterode b.H.. Es ist ein 1937 gebauter Bulldog Lanz vom Typ HN3, ein Zylinder waagerecht, 4700 Kubikzentimeter, 25 PS, ursprünglich eisenbereift. Der Hersteller in Mannheim nannte die Schlepper bis 1937 noch Bulldog Lanz, ab Ende dieses Jahres Lanz Bulldog. Mario stellt die mit Benzin betriebene Heizlampe unter die Glühnase, den Zylinderkopf. Nach 15 Minuten betätigt sich sein Vater mit einem Handrad als Anlasser. Gemächlich legt der Zweitakter los, mit seinem im Schornstein angenehm verstärkten "Tuck, tuck, tuck".
Wenn Senges bei künftigen Treffen gefragt werden, wo sie den HN3 ausgegraben haben, dann werden sie sagen: "In Bernterode, auf dem ehemaligen LPG-Gelände." Dort haben Stephan und Mario Senge zusammen mit dem Heiligenstädter Hobbykollegen Uwe Meier den Traktor im Januar 2008 mit Bagger, Hacke und Spaten freigelegt. Hier hatte er 40 Jahre geruht.
Es ist fast fünf Jahre her, dass der Martinfelder Bernd Beine bei der Männerwallfahrt im Klüschen Uwe Meier fragte, ob er an einem Lanz interessiert sei. "Ich weiß, wo er liegt", sagte Beine und berichtete, wie der von seiner Familie mit ins LPG-Inventar eingebrachte Schlepper Ende der 60er Jahre "beerdigt" wurde. Als der Bulldog nicht mehr lief und es neue und einfacher zu bedienende Traktoren gab, hatte man ihn in einem Erdsilo abgestellt und dann, nach Entfernung des hohen Auspuffs und weiterer Anbauten, mit Erde bedeckt. Uwe Meier holte vor Ort Erkundigungen ein. "Hast Du schon gegraben?", fragte Bernd Beine ihn im Klüschen ein Jahr später.
Aber Meier hatte nichts unternommen, weil er schon drei Bulldogs aufgebaut hatte und sich keinen weiteren mehr vorknöpfen wollte. Sein Freund Stephan Senge zeigte aber Interesse, und so rückte schließlich am 19. Januar 2008 ein Schatzgräbertrupp in Bernterode an. "Zum Glück hatten wir keinen Metalldetektor dabei", berichtet Meier. "sonst hätten wir die ganze Wiese umgebuddelt." Denn da, wo sie mit dem Bagger den Boden aufkratzten, fanden sie an mehreren Stellen Schrottteile. Am Samstag um 14 Uhr hatten sie an einer ihnen empfohlenen Stelle mit ihrer archäologischen Ausgrabung angefangen und am Sonntag gegen 11 Uhr bei strömendem Regen stießen sie 20 Meter weiter auf ein definitiv zu dem Lanz gehörendes Fragment, nur zwei Hand breit tief.
Zwar nicht mit Pinsel und Pinzette freigelegt wie eine ägyptische Plastik, aber dennoch sehr sorgsam mit Handwerkzeug wurde der komplette Motorblock mit Getriebe und Tank, Hinterachse und gummibereiften Hinterrädern herausgeholt. Die fehlenden Teile waren anscheinend vor der Bestattung noch abgebaut worden, darunter der typische Glühkopf. Einiges war zerstört worden offenbar beim Zuschieben der Grube.
Zu Hause wurde der Torso äußerlich gereinigt und inventarisiert, erzählt Stephan Senge. Und weil er gerade viele andere Dinge zu tun hatte, blieb die Maschine ansonsten fast unverändert erst einmal ein ganzes Jahr liegen. Bekannte, darunter auch Lanz-Kenner, meinten, den angerosteten Block könne man nur zum Schrotthändler bringen oder als Ersatzteilspender ausschlachten.
Vater und Sohn machten sich ans Werk, lösten Schraube für Schraube, Teil für Teil. Die große Überraschung: In Motor und Getriebe war alles noch in Ordnung und beweglich. "Zwei Jahre haben wir geschraubt", sagt Mario. "Und weil es Zoll-Gewinde sind, habe ich Schrauben nachgefertigt", so Mario. Die bei der Ausgrabung nicht oder total kaputt vorgefundenen Teile wurden ersetzt, nur durch zusammengekaufte Originalteile. "Für das Geld hätten wir einen ganzen Lanz kaufen können", so Stephan Senge.
Auf die Grundierung kommt noch richtige Farbe. Dann wollen Senges ihren HN3, der Anfang der 60er Jahre von der Nordhäuser Firma Wedekind mit Luftbereifung straßentauglich gemacht worden war, als Technikdenkmal präsentieren. Natürlich ist der wieder auferstandene Schlepper unverkäuflich. "Er hat eine Identität", sagt Stephan Senge und hält den Fahrzeugbrief hoch. Bernd Beine hatte das Dokument mit der Erstzulassung vom 1. Dezember 1938 noch zu Hause gefunden und es den Ausgräbern überlassen.
Nach deren Kenntnisstand dürfte zumindest in Deutschland noch niemals ein Traktor, der so lange Zeit vergraben war, wieder flott gemacht worden sein.
Jürgen Backhaus / 18.03.11 / TLZ