thomas schüber hat geschrieben:Eine Verschandelung von historischem Kulturgut.
Das ist wohl Auffassungssache!
Wenn da jemand aktuell einen intakten Halbdiesel so umgefrickelt hätte, würde ich dir zustimmen. Wenn es aber stimmt, dass der Schlepper vor ca. 30-40 Jahren so umgebaut wurde um ihn bestimmungsgemäß - auf dem Acker - einzusetzen, so stellt genau dieses Unikum für mich historisches Kulturgut dar. Die alternative wäre wahrscheinlich für den Besitzer ein modernerer Schlepper und für den Lanz der Hochofen gewesen - dieses Schicksal hat ja leider viele Bulldogs ereilt.
Es ist ja leider so, dass sämtliche Bulldogbesitzer sich den "Erhalt landwirtschaflicher/historischer Kulturgüter" auf die Fahnen schreiben und oft dann genau dieses zerstören. Viel zu oft werden Umbauten die im Laufe der Jahre an den Schleppern vorgenommen wurden um damit arbeiten zu können beim angeblichen "Erhalt des historischen Kulturgutes" zurückgebaut.
Nicht immer ist mit dem Wiederherstellen des Zustandes bei Auslieferung das historische Kulturgut bewahrt. Ich denke da an z.B. DDR-Kotflügel, Holzkabinen/-Winschutzscheiben oder Lichtmaschinen auf dem Wasserkasten (von den hässlichen Funkensieben ganz zu schweigen). Diese, zugegebenermaßen zum Teil sehr unvorteilhaft aussehenden historischen Kulturgüter, sehen mit Blechen aus Holland/Polen etc. dann hinterher meist aus wie jeder andere 08/15 "Verkehrsbulldog". Die Bleche werden ja so inflationär auf den Markt geworfen, dass diese Unart zum Teil schon auf andere Fabrikate übergegriffen hat. Ich habe schon Deutz, Allgaier, Hanomag, etc. mit "LANZ-Blechen" gesehen.
Oft wird ja leider nicht mal der Originalzustand wiederhergestellt sondern dieser ominöse 08/15-Phantasiebulldog gebastelt. Es ist ja ein ungeschriebenes Gesetz, dass der gerade Auspuff am späten Ursus und der Tropenauspuff an Exportlanz und Pampa durch den Doppelkegel ersetzt werden muss. Das gleiche gilt für Kotflügel und Windschutzscheibenrahmen und alle anderen Blechteile die man so käuflich am Markt erwerben kann - einmal quer durch den Katalog bestellt und fertig ist der "Einheits-Lanz". Als Laie muss man ja heutzutage den Eindruck gewinnen: "LANZ? Das waren doch die, die nur diese Ausführung mit all dem Blech und all den Hutmuttern gebaut haben."
Ich möchte mich was das Rückbauen angeht gar nicht ausnehmen. An meinem 17er war so ein "hässlicher" und unvollständiger Zapfwellen-Kraftheber verbaut - den hab ich damals als erstes demontiert und verachtungsvoll in irgend eine Ecke geworfen (zum Glück liegt er noch genau dort - wahrscheinlich kommt er irgendwann wieder dran). Ich kenne einen großen Halbdiesel der hatte eine riesige Seilwinde (Hersteller unbekannt) und eine Sitzbank mit zwei original Lanz Sitzschwingen verbaut - der sieht heute ohne Winde aus wie jeder andere und ist seiner Historie beraubt. Fast jeder schmeißt bei der "Restauration" als erstes das Fritzmeier-Verdeck runter, auf das der Besitzer damals stolz war wie Oskar und das er wahrscheinlich teuer bezahlt hat. Genauso ergeht es den meisten Mähwerken und sonstigem lästigem landtechnischem Kulturgut (um mal von dreigang Ackerbulldogs ganz zu schweigen) - man will ja schließlich spazieren fahren - und nicht wie so oft vorgegeben irgendetwas der Nachwelt erhalten.
Zurück zum Thema: Mir gefällt der Schlepper ästhetisch nicht, falls er aber so eingesetzt wurde hat er meiner Meinung nach gerade dadurch einen besonderen historischen Wert.
Ich habe irgendwann mal Bilder gesehen (ich meine aus Australien) von einem (bzw. zwei
) Tandem-Halbdiesel. Bei diesem Allrad-Halbdiesel waren "einfach" die Vorderachsen rausgeworfen und die beiden Schlepper hintereinander gehängt worden - keine Ahnung wie das mit der Schaltung/Lenkung gemacht wurde. Das Ergebnis war aber sicher wieder besser als der Hochofen und vielleicht leistungsfähiger als so mancher zum Zeitpunkt des Umbaus erhältliche moderne Schlepper.